Was ich nicht mehr mache: Zug fahren. Das Haus des Rundfunks in Berlin aufsuchen. Rauchen. Joggen. Warenhäuser durchstreifen. Salate essen. Fingernägel kauen oder lackieren. Ins Kino gehen. In Ausstellungen gehen. In Konzerte gehen. Ins Theater gehen. Öffentlich-Rechtliches Fernsehen schauen. – Gehen? Draußen? Bin ich von dieser Welt? – Also gehen schon, deshalb das, was ich immer noch mache: Kopfkino hoch zehn. Schminken, auch wenn ich den Müll rausbringe. Eine Maske ist eine Maske ist eine Maske ist eine Unterwerfung. Übers Gewicht nachdenken. Ernährungspläne studieren und aufs Tapet heben, aber nicht durchhalten. Zu viel Sekt trinken. Online-Kaufen. Telefonieren, Nachrichten tippen und lesen. YouTube-Videos schauen. Alternativ Netflix oder amazon prime. Texte im Kopf wälzen. Tagebuch schreiben. Kriminalromane kiloweise lesen. Bisweilen sogenannte gute Literatur versuchen. Mich fürchten. Jeden Tag ein Sportprogramm absolvieren – wollen. Fürchten und Barmen. Mir zu große Sachen kaufen. Um mich besser zu fühlen. Klappt nicht. Mich mit meinen alten Schulfreundinnen treffen. Meine Kinder über alles lieben. Gut für die Seele. Das Vergangene ist nicht nur ein Gespenst. Das Vergangene ist Trost. Mich besser fühlen. Dramakönigin – DIE Aufgabe für den harten Winter.
Monat: November 2020
Endstation 30. November – mein letztes Rätsel auf rbbKultur.
Traurige Zeiten. Draußen ist es düster und kalt. – Ok, heute scheint die Sonne. Auch ein Zeichen. Es ist still. Coronastill. Sogar am vermeintlich helllichten Tag. Ich werde noch fünf Rätsel schreiben, dann verabschiede ich mich vom Rundfunk Berlin Brandenburg. Von meinem langjährigen Haussender rbbKultur, wie er sich seit vergangenem Jahr nennt. Ein Sender, in dem es Entwicklungen gibt, denen ich nicht mehr einfach zuschauen kann. Deshalb ziehe ich eher die Reißleine, als gedacht und geplant. Am 30. November läuft mein letztes Rätsel. Und ich werde frei sein. Befreit von Menschen, mit denen ich nicht mehr arbeiten kann und will, befreit von Unterwerfung, befreit für Neues.
Ich bin traurig und glücklich zugleich – es waren immerhin 17 Jahre. Seltsamerweise auf den Tag genau. Nicht, dass ich so etwas in meinem – nunmehr schon ziemlich langen Leben – nicht schon einmal erlebt hätte. Immer ist da diese Träne im Knopfloch. Zu neuesten Vorschlägen der rbbKultur-Leitung, mein Rätsel als amputierte Version zu senden, sage ich NEIN.
Und ja – es amüsiert mich mehr, als es mich verzweifeln lässt. – Ich schau nach vorn. Wie ich es immer getan habe. Ich kann schreiben. Ich weiß, dass ich das gut kann. Dieses Bewusstsein gibt mir die Kraft, eine andere Zukunft anzusteuern, in diesen traurigen und dunklen Zeiten. In diesen ganz und gar un-rosigen Zeiten. Das Tal wird durchschritten. Jedes Ende ist ein Anfang. Halleluja!