21. Nov 2021

Waschmaschinen leben nicht mehr lang oder – wie die neue zu mir kam

Ich liebe amazon. Und zwar nicht erst, seit Jeff Bezos der gefühlt oder tatsächlich reichste Mann der Welt ist. Ich hab da schon Bücher gekauft, die es sonst nicht gab, als es nur ein Buchversand war. Und so bin ich eine amazon-Veteranin der ersten Stunde. Letzte Woche wagte ich den Kauf einer Waschmaschine. Leider hab ich sowohl bei den einschlägigen Märkten, in die ich ja ohnehin jetzt nicht mehr darf, als auch bei den einheimischen Versandhäusern keine guten Erfahrungen gemacht. Beispielsweise als ich in Magdeburg frisch einzog, mit einer Waschmaschine von Bauknecht. „Bauknecht weiß, was Frauen wünschen!“ – hieß es einst. Ich wollte eine Toplader-Waschmaschine, eine schmale, weil die hier leider in einem Eckchen in der Küche stehen muss. Und kaufte die bei einem Versand. Es kamen zwei dicke böse Männer aus der Region. Brummig gingen sie unverrichteter Dinge und ließen mich unangeschlossen. Sie wussten nicht, was Frauen wünschen. Die beiden Herren wünschten ein Anschlussventil für den Wasserhahn. Das war nicht dabei. Angeblich. Ich kaufte es dann im Media-Markt, nachdem ich recherchiert hatte, wie so ein Ding heißt. Ich verriet es den Verkäufern im MediaMarkt, weil die nicht wussten, dass sie so etwas haben. Ich hatte es auf meinem Handy gespeichert, und zeigte ihnen das Bild aus ihrem Sortiment. Tja, der Fachkräftemangel ist groß in Deutschland. Deshalb haben wir jetzt die neuen Fachkräfte. Und sie würden mit einer Candy kommen – die den alten Bauknecht, der nicht mehr schleudern will, ablösen sollte. Auch ein Toplader, der angeschlossen werden musste. Von 7 bis 19 Uhr. Fast wie in der DDR so ein „Zeitfenster“, wie das neudeutsch heißt. Ich wollte die freundlichen Service-Mitarbeiter von amazon nicht fragen, ob ich damit rechnen kann, dass die Fachkräfte für den Anschluss der Neuen vielleicht meine Sprache nicht verstehen. Ist ja immer so diskriminierend. Insgeheim wusste ich: Es werden zwei hübsche schwarzlockige Herren mit der Candy im Arm dastehen. So wie die, die täglich für amazon die Pakete austragen. Und sie kamen, Klischee hin oder her, und sahen aus, wie gedacht, verliefen sich, wie alle neuen Postboten im Haus, weil sie meine Anweisungen per Hausprechanlage nicht verstanden. Tragen war auch nicht. Sie ruckelten das immerhin elektronisch und sogar mit WLAN Funktionierende in spe mit einer Karre lautstark die Treppen hinauf und traten schweigend ein. Schweigend wurde der alte Bauknecht inspiziert und auf die Karre geladen. Schweigend machte sich der eine an den Anschluss der Neuen, während der andere die Verpackung auf die Karre lud. Der, der montieren sollte, schraubte mit selbst mitgebrachtem Werkzeug eine Weile herum. Schloss den Wasserhahn mit neuem Ventil an. Und auch den Ablauf. Sah alles gut aus. Dann machte er die Probe, in dem er die Maschine laufen ließ. Das Display blinkte verheißungsvoll, das Wasser lief. Gefühlte 20 Minuten Schweigen waren vergangen. Ich fragte keck in die Runde: „Sprechen Sie auch?“. Beide sahen mich fassungslos an. Der Montierende sagte. „Was?“. Der Packende sagte nichts und begab sich mit der Karre in den Hausflur. (Ja, ich kann auch gendern) – Ich fragte: „Gibt es eine Bedienungsanleitung?“ Er: „Was?“ – Ich stellte mit Händen und Füßen eine Bedienungsanleitung dar. Er lachte und reichte mir einen Beutel mit vielen kleinen Heftchen. Kennt man ja. Sie bekamen Trinkgeld. Sie lächelten zum ersten Mal. Der Monteur sagte: „Können schreiben das?“- Ich: „Was?“ – Er zeigte auf ein Protokoll. Ich sollte ausfüllen, dass sie da waren, alte Maschine und Verpackung wieder mitgenommen und die Neue angeschlossen haben. Ok. Mach ich. Sie waren sehr froh – mit Trinkgeld und ausgefülltem Protokoll. Sie liefen zu ihrem Fahrzeug und fuhren zum nächsten Kunden. Ich war Kunde Nr. 5, wie ich auf der von amazon online zur Verfügung gestellten Karte einsehen konnte. Da ist alles drauf, wo sie vorher sind und so. Super. „Wir wollen das servicefreundlichste Unternehmen der Welt sein!“ – so eine Selbstdarstellung von amazon. Ok. Es war ein Erlebnis. Schweigend ins Gespräch vertieft. Ein Schweigecamp am Morgen, zwischen Flur und Küche. Es ist ne „Candy“, was brauchts der Worte mehr! Eine Waschmaschine braucht keine Worte, sie soll waschen. Was ich dann probierte. Kurzprogramm. Schleudern kann sie 1400. Ich nahm mal nur 1000. Als sie so richtig in Fahrt kam, diese italienisch-amerikanische Candy, wie ich ergoogelt hatte, fing die an, sich auf eine Explosion vorzubereiten. Ich musste mich auf sie werfen. Und kann jetzt überlegen, ob ich das Waschkleinod vom Servicefreundlichsten Unternehmen der Welt behalte, mich immer an sie klammere und gleichmal Rüttelplatte trainiere. Oder doch vielleicht zurückgebe? Ich werde morgen den Kundendienst anrufen. Es wird sicher auch ein Erlebnis sein. Man hat ja sonst nichts in diesen Corona stillen Zeiten.


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