Ich muss noch einmal über meinen ältesten Sohn Robert schreiben. Er hat mich wieder einmal beeindruckt. Gestern im „Bi Nuu“ in Berlin-Kreuzberg hat er ein zweites Konzert zu seinem Album „Robert Gläser“ gegeben. Dieses Mal hab ich mich nicht von all den Freunden und beinahe Verwandten ablenken lassen, denn die waren gar nicht da. Zum größten Teil nicht. Dieses Mal habe ich zugehört. Es gab familiäre schwerwiegende Gründe, dieses Konzert vielleicht sogar abzusagen. Aber Robert wollte es nicht. Denn „Mugge geht vor Katastrophe“ – ein altes Sachsen-Gebot der im Musikgeschäft tätigen Szene. Ich weiß, dass er im Backstage-Bereich eine Flasche Baldrian zu sich nahm und dass es ihm nicht gut ging. Ich hatte große Befürchtungen, bin ich doch stets ein Seismograph, der im Hintergrund die „Bösen“ wahrnimmt und dann regelmäßig Depressionen bekommt, weil die „Bösen so böse sind“ und das auch noch von sich geben. Ich kenn das noch von den Auftritten meines Ehemannes Peter Cäsar Gläser. Da stand ich im Hintergrund und registrierte diese „Bösen“, die ihn nicht mochten, mit schöner Regelmäßigkeit. Heute frage ich mich, warum waren die – da! – Ich weiß nun, wer bei Roberts Konzerten anwesend ist, liebt Robert genauso, wie ich ihn liebe. Aber: ich beobachtete – aus meiner Rückhalt-Position – auch Menschen, die da einfach – vielleicht auch als Touristen – so hereingeraten waren. Einer kaufte die CD und ein passendes T-Shirt und meinte: „Ich dachte erst, das ist so ein Wendler-Typ, aber das ist der gar nicht. Der ist ja großartig.“ Ich sah junge Mädchen, die tanzten und wippten bis zum Schluss. Die waren höchstwahrscheinlich die Freundinnen der sehr jungen Vorband. Hat mich gefreut. Robert war in seiner seelenverletzten Art zu Sein tatsächlich großartig. Denn ich weiß, ihm war nicht großartig zumute. Und ich – als Mutter – hatte sehr viel Angst, dass alles schiefgehen würde. Aber – auf die Bühne kam wieder einmal dieses Kraftpaket, der Mann „wie ein Baum“, der mit dem Publikum eine einzigartige Symbiose eingeht. Er vergaß Texte, er fing noch mal an, er brach in Tränen aus, er zeigte alle Seelenzustände, die ein Mensch haben kann. Und die, die gekommen waren, ihn zu hören, verstanden: Ich bin ein Mensch! – Ich habe meinen Sohn selten so stark erlebt. Und ich weiß, dass er es nicht so sieht, dass er glaubt, er hätte alles besser machen können. Wie er das immer glaubt, egal, wie gut etwas war. Nein! Stimmt nicht. Es war genau richtig. Alle, die da waren, hat er glücklich gemacht. Großer Dank auch an eine großartige Band, die ihn begleitet und unterstützt hat – und an alle anderen Helfer. Ein wunderbares Konzert – auch für die Pessimistin, die ich wohl immer sein werde. Ich bin stolz, so einen starken und kreativen Sohn zu haben.
17. Okt 2016