15. Mai 2015

Maskeraden – Diäten, Mode und so – Teil 3

Heute mal: „Und so“. „Und so“ ist alles, was keine Diät ist und keine Klamotten. Also Frisuren, Schminke, Parfüm. Hab ich was vergessen? Ja, natürlich. Cremes und Tinkturen. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Damals in den wilden Pubertätszeiten war ich von Pickeln geplagt. Ich traute mich morgens kaum, in den Spiegel zu schauen. Was hat Gott mir über Nacht schon wieder geschickt? Verheerendes natürlich. Wie so ein rotgelber Knoten ein Gesicht entstellt! Gut, es gab da Jungs in der Klasse, die waren rotgeschwollen und voller widerwärtiger Pickel und Mitesser. Ich – so als Mädchen – krankte schon an einem oder zweien dieser Dinger, die uns die unbeschwerten Tage der Jugend vergällten.

Also musste irgendetwas her. Schwefelpuder! Half aber nicht. Juckte und fiel runter. Penaten-Creme. Die im Osten irgendwie anders hieß, aber weiß war und dick auf den Knoten saß. Hässlich! Dann kam der Geheimtipp: Theaterschminke F 18. Kauf Dir Theaterschminke F 18! Niemals werde ich dieses Zauberwort in eine Welt ohne sichtbare Pickel vergessen. Es gab sie in kleinen Döschen und ich kaufte sie. Schmierte sie ins Gesicht und – siehe da – ich sah aus, wie die schönen Damen in den Illustrierten. Nur ganz nah ran gehen durfte keiner. Schön war ein wenig Dämmerung. Am allerbesten Barlicht! Gern hätte ich meine gesamte Jugendzeit in der Bar verbracht. Das rötliche Licht schluckte alle Flecken und machte aus mir eine Königin.

Theaterschminke F 18 tat es also. Verschaffte mir Linderung in meinem Schönheitsleiden und ich fühlte mich wesentlich besser. F 18 war der erste Baustein in meiner Schminkkarriere.

Nun zu den Augen. Wir wollten alle lange Wimpern und es hieß, die wachsen von Rizinusöl. Also in die Apotheke, Rizinusöl kaufen. Wimpern einpinseln. Es brannte und die Wimpern blieben so, wie sie waren. Wenn schon nicht mit sanfter Medizin, dann eben mit brachialen Methoden. Mascara gab es noch nicht im kleinen sozialistischen Land. Nur einen noch kleineren Kasten mit einem schwarzen Brocken, der bespuckt werden musste, um dann mit einem Bürstchen spärlich die Wimpern anzufärben. Länger wurden die dadurch nicht. Das Zeug hielt kein Tränchen aus und hatte keinen wirklichen Effekt.

Aber es gab Geheimtipp Nr. 2: Schwarze Schuhcreme. Schwarze Schuhcreme, dazu eine Zahnbürste. Und die Wimpern wurden lang, dick und – sie glänzten. Rochen vielleicht nicht so gut. Doch was roch damals gut, in der DDR? Wir hatten ja noch nicht einmal Deo. Ich kann mich erinnern, dass ich richtige Schuhcremeorgien an meinen Augen feierte. Dass ich einmal in einer „wichtigen“ Sitzung von Jugendfunktionären in der Schule saß, mit gefühlten Drei-Zentimeterwimpern. Alle starrten mich an. Ich war dreizehn. Roch nach Schuhcreme, war dick theatergeschminkt und hatte trotzdem alles Einsen in der Schule. Das passte natürlich nicht. Solche Mädchen mussten doch wenigstens dumm sein oder faul.

Tja, dazu trug ich ein Kopftuch wie Tippi Hedren. Fand ich damals super. Ich wollte meine Haare wachsen lassen und bekopftuchte den Übergang. Meine Pläne waren weitreichend. Ich wollte mindestens die Schönste der Stadt werden. Und arbeitete hart an diesem Ziel. Misstrauisch bekämpft von Eltern, Lehrern und der Mangelwirtschaft. Begeistert unterstützt von den Jungs, die meine Fortschritte beklatschten. Also: Theaterschminke F 18 und schwarze Schuhcreme waren meine Einlasstinkturen in die geheimnisvolle Welt der Frauen. Ich hatte noch einen langen Weg vor mir. Gottseidank wusste ich das nicht.

Foto: Ich mit 15 – rekonstruiert.


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