19. Mrz 2015

Rocky rockt mein Unbewusstes.

Fahre ich Auto, kann es passieren, dass ich anhalten muss. Panikattacke. Relikt aus den Nuller-Jahren des neuen Jahrtausends. Ich hatte sie nicht nur im Auto, sondern überall. Jetzt nur noch im Auto. Jetzt selten. Jetzt fast gar nicht mehr. Aber heute. Heute fuhr ich meinen üblichen Weg zur Arbeit und hörte im Radio Frank Farians „Rocky“ von 1976. Von dem Farian, der so bekannte und skandalträchtige Gruppen wie Boney M. und Milli Vanilli gegründet hat. Und ab und an auch selbst sang. Zum Beispiel dieses „Rocky“.

Als ich es zum ersten Mal hörte, dachte ich, dass so etwas doch niemand ernst meinen könne. Was für ein Kitsch! Heute weiß ich: Es ist ernst gemeint. Heute bin ich milder. Ich kannte schon einige Leute, die bei „Rocky“ Tränen in den Augen hatten. Es ist so ähnlich wie bei Jonny Hills „Ruf Teddybär Eins-Vier“. Man könnte diese, auf ein paar Lebensweisheiten reduzierten Schlager Augen-Feuchtmacher wider Willen nennen. Vernunft oder Intelligenz haben keine Chance. Da werden irgendwelche archaischen Gefühle heraufgelockt. Umso älter ich werde, umso mehr. – Heute also „Rocky“. „Rocky“ im Autoradio. Ich musste ans Sterben denken. Kommt ja vor – in „Rocky“. Ich dachte wehmütig an all die Dinge, die schon vorbei sind und an das, was noch kommen mag. Wird es, wenn schon Überraschungen, auch ein paar gute geben? Werde ich es schaffen, aus dem Hamsterrad auszusteigen? Was mach ich, wenn ich alt bin? Werde ich überhaupt alt?

Mich erfasste eine Welle von Schmerz, ein taubes Gefühl im Kopf, die Hände zitterten und ich dachte, wie so oft, ich könne das Lenkrad nicht mehr halten. Panik. Durch „Rocky“?? Das kann nicht sein! Was ist aus Dir geworden, dass Du Dir von Frank Farian Gefühle diktieren lässt? Eine sentimentale Kuh? Ich hielt mein Lenkrad und dachte an die dunklen Mächte in mir. Die gnadenlos Erinnerungen hochholen und nicht fragen, ob ich sie will. Gibt es einen Ausweg? Klar. War doch nur eine Stimme und eine Stimmung. Radio aus. Weiterfahren.


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